„Architekten On The Road“ – Teil 6

Sommerschau 2020 der Architektenkammer Sachsen

Vorwort

Das Vorwort, ja das könnte ich schreiben; auf der Autobahn kommen die besten Ideen, so der Tipp des Kollegen. Okay, Handy auf Kamera gestellt, Auto getankt, begebe ich mich auf die Autobahn nach Hause. Vielleicht findet sich nebenbei ein Motiv unterwegs.

Regnerischer Winterabend, der Berufsverkehr ist durch, viele Lkws sind noch unterwegs. Lichter schwimmen auf der Straße, der Scheibenwischer quietscht, es nieselt. Die Landschaft flieht vorbei. Gewerbegebiete, beleuchtete Wohngebiete, Raststätte.

Mhm, verflixt…. ja, vorhin in der Tankstelle vorhin, ja das wäre das Motiv gewesen. Die Nighthawks von Edward Hopper sind da. Der junge Mann am Tresen kassiert, freundlich, gerade ausgeschlafen, gefrühstückt und geduscht, Blick an mir vorbei zu Laptop und Fachbuch unterm Tresen, Nachtprogramm mit Formeln im Kopf. Ich schaue auf die Uhr. Auf meiner Rückbank liegen Zollstock, Notizblock, Stifte, Noten… zur Probe schaffe ich es wieder nicht pünktlich. Am Fenster am Stehtresen rührt ein Mann mit hochgeschlagenem Kragen schier endlos seinen Kaffee kalt, so kalt wie vielleicht die Wohnung, die nicht auf ihn wartet.

„On The Road“ — das sind die versteckten Geschichten hinter einer kurzen Szene — für einen Moment eingefroren. Geschichten um Gegenstände: gebraucht, benutzt, erzählen uns Spannendes, Lustiges, Banales, Triviales, Bewegendes, Rührendes, Lautes, Leises, Schrilles, Glänzendes, Mattes, Graues, Mildes, Zartes….

Die Sommerschau, vielfältig und immer frisch und bewegend. Lassen Sie sich 2020 wieder mitnehmen „On The Road“. Wir laden Sie herzlich ein zu neuen Geschichte aus neuen Perspektiven. Und ganz aktuell gehört dazu auch der Alltag im virtuellen Raum. Wir bleiben kreativ und gestalten die diesjährige Sommerschau auch als „Architects at home“.

Beate Weißer-Lindner
Architektin und Mitglied im Ausschuss
Öffentlichkeitsarbeit

186 Wörter

Tiflis, Georgien

— nacht dunkelheit müdigkeit „TBILISSI LOVES YOU“ kleine scheine große erwartungen REGEN larifari dunkles tal gelbes licht fernsehturm schrift steile gasse kleines pflaster sprache jugendstilzimmer gasherd grüne augen schwarze locken REGEN JA-produkte historie holzbalkone staffelung schnitzkunst ziegel wein religionen ruine teure autos leere häuser wildwuchs hinterhof wasserspender wäscheleine bewehrungsstahl lächeln armut licht schatten spiderman brotduft weite blick silhouette wasserfall kuppeln steilhang REGEN löwe rote beete wein kennenlernen wein rauch musik wein gespräche schlaf objektsuche sololaki REGEN kontakt privat sanierung moos blechdach überlagerung buntglas wünsche herzlichkeit abstützen flicken vision verfall versprechungen REGEN chinkali warten rustikal trübsinn gemüseküche auf-eigene-faust steinern ornament lado gudiashvili robinie wasser alte männer spielende kinder unbeschwert sympathie zeichnen ruhepol rosa putz bibliothek treffpunkt brache introvertiert zukunft kontrast modern austausch kellerlokal süßer wein saure gurke herzklopfen empfang REGEN tourist gläsern fluss brücken seitenwechsel shoppingmeile großarchitektur breit eleganz stolz tradition klamm recherche schwarzes kleid offiziell parallel inspiration konzentration REGEN disneyland standseilbahn achse plattenbau präsentation abschluss ziel rückblick diskussion sekt lobio jugend tanz extase idylle dschwari dorf kunst sonne nussbaum katze akkordeon tafel FREUNDSCHAFT seemannsgarn hauswein gewitter kopftuch höhlen wahl ubahn tiefe alltag ausklang nacht —

Beatrice Puschkarski

Morgenlektüre am Ganges

Varanasi, Indien

Als wir Anfang letzten Jahres Varanasi für eine Woche besuchten, war der Fluss selbst fast verwaist. Die Folge eines Streiks der lokalen Bootführer gegen von der Regierung favorisierte größere Touristenschiffe.

Dies änderte aber nichts am geschäftigen Treiben entlang der Ghats am Flussufer. Ein exemplarisches Nutzen des öffentlichen Raums — ein Traum jeden Stadtplaners.

Der ältere Herr vor uns ließ sich vom Alltagstrubel nicht ablenken und genoss seine morgendliche Zeitungslektüre.

Michael Persch

Arbeitsplatz des Künstlers

Willi-Sitte-Galerie Merseburg, 2019

Im Herbst des vorigen Jahres besuchten wir die Willi-Sitte-Galerie in der Merseburger Domstraße. Wir waren begeistert, denn die Exposition bot einen beeindruckenden Überblick über das umfangreiche Werk und den künstlerischen Werdegang des Hallenser Malers und Grafikers (1921–2013).

Im Gespräch mit einem Mitarbeiter des Hauses erfuhren wir, dass der Fortbestand der 2006 eröffneten Galerie allerdings wegen Finanzierungsschwierigkeiten auf der Kippe stand. Im Februar 2020 brachte der MDR dann die deprimierende Nachricht:

„Galerie vor dem Aus. Merseburg bald ohne Willi Sitte. Die Werke des Künstlers Willi Sitte werden zukünftig nicht mehr in Merseburg gezeigt. Das Kuratorium der Sitte-Stiftung habe beschlossen, die Galerie wegen Unterfinanzierung aufzulösen – das bestätigte der Vorsitzende des Fördervereins ... Zuletzt hatte sich der größte Sponsor zurückgezogen. 240 Gemälde und 1.000 Grafiken werden nun an die Familie des halleschen Künstlers zurückgegeben. Im nächsten Jahr zum 100. Geburtstag Willi Sittes soll sein Schaffen dann in Halle zu sehen sein.“ (MDR Kultur, 28.02.2020)

Die Galerie galt als einer der wichtigsten touristischen Anziehungspunkte Merseburgs. Die Schließung des Hauses ist ohne jeden Zweifel ein Verlust, nicht nur für die Stadt Merseburg, sondern auch für die gesamte ostdeutsche Kunstgeschichte.

Frieder Hofmann

Vom Symbol der Teilung

zum Symbol der Wiedervereinigung in Freiheit

Das Brandenburger Tor

Die Feier des 30. Jahrestages der Wiedervereinigung war für mich Anlass, nach Berlin zu fahren und die Visualisierungen im Zentrum anzuschauen. Bei der Auswahl des Fotos stand für mich die Projektion von Rosen auf das Brandenburger Tor in Konkurrenz zum Begriff der Freiheit.

Das Brandenburger Tor als Symbol der wiedererlangten Freiheit hat für mich dann doch die größere Übereinstimmung gehabt.Die 1990er Jahre waren für mich als leitender Mitarbeiter einer Verwaltungsbehörde besonders geprägt durch das Bemühen der Politiker um die größtmögliche Gesetzmäßigkeit ihres Handelns.

Nach 2000 war eine Übereinstimmung der vorgegebenen Entscheidungen mit der geltenden Rechtslage eher kein politisches Ziel mehr. Da hat es mich schließlich in mich betreffenden Entscheidungen doch gefreut, dass unsere Freiheit und die Gesetzmäßigkeit des politischen Handelns durch unabhängig denkende und entscheidende Richter gewährleistet worden ist und hoffentlich noch lange wird.

Eike Münke

Township bei Kapstadt

Südafrika

In und um Kapstadt leben 1,5 bis 2 Millionen Menschen in Townships. Die Zahlen sind bevölkerungsstatistisch nur schwer abschätzbar. In den Townships gelten eigene Regeln und Gesetze, oft dominiert von Clans oder anderen Gruppen, die von außen betrachtet nicht selten als kriminell eingeschätzt werden. Der Einfluss des Staates ist relativ gering. Um die Menschen zu beruhigen, werden Strom und Wasser kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die Polizei betritt die Townships angeblich nicht. Tatsächlich entwickeln sich die Townships mit einer eigenen Dynamik.

Die Frage, die sich mir stellte, war: Gibt es dort ein Bauordnungsrecht oder wie entwickeln sich diese städtebaulichen Strukturen?

Klaus-Jürgen Schnell

Curfew

Neu Dehli

Noch vor den weltweiten Reisebeschränkungen habe ich meine kurz gedachte Reise nach Bhubaneshwar angetreten, um dort die berühmten Tempelanlagen Ostindiens zu sehen und ans Meer zu fahren. Das ist zwar in Asien, dachte ich mir, aber Reisewarnungen gab es nur wegen Unruhen im Osten von Neu Dehli, Jammu Kashmir und Assam. Dort wollte ich nicht hin.

Nachdem der Flugverkehr eingestellt und ab 22.03.2020 eine Ausgangssperre in ganz Indien für 1,3 Milliarden Menschen verfügt wurde, entstand dieses Foto auf der Terrasse. Bisher kannte ich nur den Main Bazar, die engen Straßen, die Müllsammelstelle vor der Tür, die kleinen Geschäfte und das Madan Café mit süßem indischen Milchtee sowie die eng wuselnden Inder. Jetzt war auf der Terrasse der Blick zum blauen Himmel mit Milanen frei und relative Ruhe ohne hupenden Autoverkehr. Die Aussicht auf die Wohnhäuser in Neu Dehli war mit einem anderen Blickwinkel möglich. Terrassen als Zimmer, Telefonzelle, Spielplatz für Kinder, Wäsche, Wassertanks, Dachkatzen, Blumentöpfe … chaotische Formen, Materialien, gebaut je nach Geldbeutel, evtl. ohne Genehmigung, man lebt auf engstem Raum in extremer Verdichtung. Licht, Luft, Sonne — sind auch bei unseren Innenstädten nicht mehr überall eingeplant, so erscheint es mir.

Katrin Michael

Die morbide Schönheit eines Dreiseithofes

Im Befreiungskrieg 1813 nahm hier am 12. September ein General von Kosaken und Dragonern beim Bäcker Johann Gottlieb Richter sein Quartier.

Seit 25 Jahren beobachte ich den stattlichen Hof mit Wohnhaus samt Blockstube, Scheune und einem Nebengebäude. Am Anfang wurde ein Holzgerüst um das Gebäude gestellt, offensichtlich sollte es instandgesetzt werden. Das war die Hoffnung über Jahre, wie ein Dornröschenschloß überwuchs das Gerüst mit Haus und Hof und brach eines Tages aus Altersschwäche zusammen. Bei der Beräumung wurden die Schäden besonders am Hausdach sichtbar. Die stiefmütterliche Behandlung durch die Besitzer und der spätere Eigentümerwechsel machten die Situation nicht besser.

Mit dem Einsturz des Wohnhausdaches starb auch die letzte Hoffnung. Eine Renaturierung machen die Naturbaustoffe möglich.

Andreas O. Trauzettel

Togo or not togo

Mit welchen fragwürdigen Ausreden haben Sie sich von zu Hause rausgeschlichen? Sie müssen sich nicht in Ihrer ollen Jogginghose abstrampeln, den Nachbarhund Gassi führen. Ständig auf der Suche nach dem richtigen Abstand zu Ihren Mitinfizierten.

Schnappen Sie sich Ihre veganen Zöglinge, gehen Sie mit denen eine Runde an die frische Luft. Überanstrengen Sie sich und Ihre Schützlinge nicht. Legen Sie in nicht zu langen Abständen ausreichende Versorgungspausen ein.

Überlegen Sie: wer braucht noch frische Luft in Ihrer Familie! Nehmen Sie ihn/er/sie es mit – schauen Sie Sommer!

Andreas Leipold

Nebensaison

Hochjochgebiet, Silvretta Montafon, Vorarlberg (AT)

In den Vorarlberger Alpen kann man im Sommer vortrefflich wandern, auch einige Bergbahnen haben für Wanderer geöffnet. Tourismus ist der wichtigste Erwerbszweig der Region. Trotzdem warten Mensch wie Infrastruktur anscheinend auf die eigentliche Saison, den Winter: Silvretta Montafon wird als das sportlichste Skigebiet Vorarlbergs beworben.

Die sommers brachliegenden Anlagen geben eine Ahnung vom überbordenden Winterbetrieb. Skilifte dämmern ihrem Einsatz entgegen. Herden von Schneekanonen drängen sich am Wegrand. Im Speicherteich wird Wasser zum Beschneien gesammelt. Und die Landschaft atmet auf.

Gisela Krämer

Messner Mountain Museum Corones

Bruneck in Südtirol

Überwältigend die Sicht auf die teilweise schneebedeckten Berge der Dolomiten und der Zillertaler Alpen, auf den Ortler und der Marmolada bei der Ankunft auf dem Gipfel des 2.275 m hohen Kronplatzes, dem beliebtesten Skigebiet in Südtirol. Am westlichen Rand des Gipfelplateaus erkennt man den mit Felsbrocken aufgeschütteten Hügel des MMM Corones Museums. Es ist das sechste und letzte vom Bergsteiger Reinhold Messner in Südtirol realisierte Museum zum Thema Berg.

Entworfen von der international bekannten irakischen Architektin Zaha Hadid folgt das von ihr erarbeitete bauliche Konzept dem Wunsch Messners, das Gebäude weitgehend in den Berg einzugraben. Extrem dünne stabile Schalen, vorgefertigt mit einem Spezialbeton, Kohlefaser- und Aluminiumwabenmatten, verdecken innen und außen die Betonwände.

Im Gebäudeinneren empfängt den Museumsbesucher ein über drei Ebenen angelegtes bauliches Kontinuum, in dem die Ausstellungsbereiche nahtlos ineinander übergehen. Sie durchbrechen in der untersten Ebene fingerförmig mit großflächigen „Schau“-Fenstern und einer Aussichtsplattform die Gebäudewestseite, bieten Ausblicke auf Berge, die im Leben Messners eine besondere Rolle gespielt haben.

Ulf Zimmermann

Am Rande der Stadt – mittendrin

Chicago

Seit einer sehr langen Zeit erfüllte sich für mich ein Traum: CHICAGO. Mit einer Gruppe von 20 Studierenden der Architektur und Innenarchitektur und zwei Kollegen starten wir im Frühjahr 2019.

Gut vorbereitet erleben wir eine Stadt, die seit Jahrhunderten nie zur Ruhe gekommen ist. Eine Stadt, in der menschliche Größen besonders in der Kultur und Architektur, in der Malerei und Musikszene, sowie der
Theater- und Kinowelt und vieles mehr Geschichte geschrieben haben.

Wir haben die Stadt aufgesogen, ihren Klang und Geruch wahrgenommen, sie mit ihrem streng gerasterten Straßenquartieren aus den Höhen der Wolkenkratzer bei Tag und bei Nacht wahrgenommen, haben im kalten Wind, der vom Michigan See kommend durch die Gassen weht, gezittert, aber auch bei Sonnenstrahlen den unmittelbar benachbarten Sandstrand genossen ... und in Skizzen und zig tausend Fotos festgehalten ... und dann sollst Du Dich auf e i n Foto beschränken!

So beschreibt meine Auswahl dieses Moment, welches für eine Stadt einen wunderbaren Wert bedeutet. Es ist das Mittendrinsein und gleichzeitig in unmittelbarer Nähe über die Uferkante ins Meer springen zu können und die Freizeit zu genießen ... und es gibt noch so vieles mehr!

Wolfram Richter

Containerarchitektur

Jamaika, Karibik, 2019

Sehr ästhetisch in der Komposition, spannungsvoll und mit einer plastischen Kraft wurden diese Container zu einer gastronomischen Einrichtung aus meiner Sicht fachmännisch zusammengestellt.

Man hat uns gesagt, dass die meisten Farbkonzepte auf dem Prinzip der Zufälligkeit beruhen.

„Die Farbe, die zur Zeit am günstigsten im Angebot ist, wird gekauft und verarbeitet.“

Gerd Müller

Asplunds Architektur-Highlight in Stockholm

Stadtbibliothek Stockholm

Auf den Spuren von schwedischen Architekturikonen wie Sigurd Lewerentz und Gunnar Asplund besuchten Peter Zirkel Architekten Stockholm. Auf dem Programm stand eine Mischung aus historischen und zeitgenössischen Projekten sowie ein Besuch bei den Kollegen von Vera Arkitekter.

Peter Zirkel

Trans-Anden-Bahn

über den Rio Mendoza bei Puente del Inca

Seit über 120 Jahren schlängelt sich die Trans-Anden-Bahn von Argentinien nach Chile über die Anden: 3.200 m hoch über den Pass, 248 km lang. Die erste Fahrverbindung zwischen Pazifik und Atlantik. Ursprünglich auf einem Maultierpfad angelegt, verkürzte die Bahn die Reisezeit zwischen beiden Ländern um elf Tage (!).

Englische Ingenieure haben diese Meisterleistung vollbracht, und bis in die 1980er Jahre wurde sie genutzt. Seither verbindet eine breite Straße beide Länder, parallel zur Bahn, und hat den Pass entzaubert.
Still ruhen nun die Reste im Staub.

Henning Seidler

Lichthof Schrödterhaus Leipzig

Aufgrund der Corona-Krise können wir zurzeit nicht verreisen. Umso deutlicher nehme ich die nähere Umgebung wahr. Alle Kollegen sind im Homeoffice – und ich allein im Büro von Phase 10 im Schrödterhaus in Leipzig.

Der Lichthof und die gegenüberliegende nördliche Brandwand sind eigentlich langweilig. In U-Form an die Brandwand angebaut sind die Stahl-Glas-Fassaden des Bürogebäudes.

Fällt Sonne herein, ergeben sich faszinierende Licht- und Schattenspiele sowie Reflexionen, die im Verlauf des Tages immer neue beeindruckende Strukturen erschaffen.

Silke Haugk

Temporäre Kunstinstallation „Aerocene“

Karlskirche Wien

Zwei mit reiner Luft gefüllte Sphären, kugelförmige Skulpturen mit einem Durchmesser von 10,4 m und 7 m, schweben im Kuppeltambour der Wiener Karlskirche. Mit dieser dominanten Präsenz und den damit verbundenen Spiegelungen wird eine neue Sichtbarkeit des architektonischen Raumes erlebbar, gleichzeitig steht barocker Kirchenbau im Kontext mit zeitgenössischer Kunst.

Der argentinische Künstler Tomás Saraceno sieht „Aerocene“ als Bild der symbiotischen Verbundenheit zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Lebens mit der Umwelt und allen Räumen, die wir bewohnen.

Kaiserliches Gelübde: Im Jahr 1713 während der letzten großen Pestepidemien, welche auch Wien heimsuchten, gelobte Kaiser Karl VI., eine Kirche errichten zu lassen. Diese sollte dem Pestheiligen Karl Borromäus geweiht werden, mit dem kaiserlichen Versprechen sollte die Seuche beendet werden.

Die Pest war 1714 erloschen und Kaiser Karl VI. schrieb für den Sakralbau einen Bauwettbewerb aus, welchen Johann Bernhard Fischer von Erlach für sich entscheiden konnte.

Anke Grundmann

Trip to Corona

Alt wie ein Baum möchte ich werden
Genau wie der Dichter es beschreibt
Alt wie ein Baum mit einer Krone die
weit, weit, weit, weit
Die weit über Felder zeigt

Alt wie ein Baum möchte ich werden
Mit Wurzeln, die nie ein Sturm bezwingt
Alt wie Baum, der alle Jahre so
weit, weit, weit, weit
Kindern nur Schatten bringt

Alle meine Träume, fang ich damit ein,
alle meine Träume
Zwischen Himmel und Erde zu sein

Frank Kotzerke

nach B. Lasch/Puhdys

Der schönste Platz von Paris

Ein traumhafter Januartag in Paris

Place de Furstemberg

Immer wieder zieht es mich ins Rive Gauche zum Place de Furstenberg, einem der schönsten und malerischsten Plätze von Paris – im Herzen des wohlhabenden 6. Arrondissements zwischen den kleinen Gassen zur Seine und dem Boulevard Saint-Germain. Hier verweile ich gern und lasse mich von der Vielfalt der Galerien und Auslagen inspirieren – eine Oase für die Seele, Inspiration für Kunst und Architektur … auch wenn man, so wie ich, geschäftlich unterwegs ist.

Eigentlich ist der Platz eine Straße, aber durch die Art und Weise, wie sich die umliegenden Gebäude rund um die zentrale Insel ordnen, entsteht eine Art Hof – auf dem Gelände der ehemaligen Abtei Saint-Germain-des-Prés im 6. bis 9. Jahrhundert von Childebert I. Diese kreisförmige Insel in der Mitte des Platzes wird von vier Paulownia-Bäumen eingerahmt. Eugène Delacroix lebte hier. Ein kleines Museum zeugt davon. Flamant – ein Label für Life-style … für mich assoziativ für „Brennen“ – hier mit seinen prachtvollen Farnen, Zitronen mitten im Winter – sinnbildlich für diese Stadt, wo alles möglich ist – Ausdruck für Lebensfreude und Lebendigkeit – die nach dieser ruhigen Zeit hoffentlich wieder sprudeln in ihrer vollen Fülle und Kraft.

Ines Hildur

Kathedralen des Weins

Sherry reift nicht in dunklen Kellern, sondern in riesigen ebenerdigen Bodegas – den „Kathedralen des Weins“ – Räumen gigantischer Dimension (Jerez, Andalusien). In Fässern aus amerikanischer Eiche wird ein ganz besonderes Reifesystem vollzogen.

In der unteren Reihe lagert der älteste Wein, von dem ein Drittel jährlich in den Verkauf abgezogen wird. Aus der nächsthöheren Reihe wird anschließend nachgefüllt. In der obersten Reihe befindet sich der ganz junge Wein.

Auf diese Weise wird eine gleichbleibende Qualität garantiert.

Dr. Ullrich Kremtz

Blick zum Alavatn See

Island, Landmannalaugar Trail

Ein wunderbarer Trail führt vier Tage lang durch Islands Hochlandregion, von Landmannalaugar nach Porsmörk. Der Weg streift bezaubernde Landschaften, Gletscher, Wasserfälle, Lavafelder, Flüsse, Berge und heiße Quellen. Für mich bleibt der Blick auf den Alavatn See mit den umliegenden Bergen unvergesslich.

Es war der zweite Tag nach einer Nacht im kleinen Zelt mit viel Wind und Schnee in karger Landschaft. Und so wie die Sonne allmählich zunahm, änderte sich auch die Landschaft und gab den Blick frei in diese schier unendliche Weite voller Freiheit.

Janette Uhlig

„Sehen“

aT2-Team, Bauhaus Dessau, 01.2020

Habe ich schon gesagt? Ich lerne sehen.
Ja, ich fange an.
Es geht noch schlecht.
Aber ich will meine Zeit ausnutzen.

Frank Mehnert

Rainer Maria Rilke, aus: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

Kopfweidenreihe

Drömling, Sachsen-Anhalt, 21.05.2020

Kopfweiden wurden traditionell zur Begrenzung von Grundstücken oder Befestigung von Gräben gepflanzt. Das geschnittene Holz diente als Brennholz, Flechtmaterial oder für den Weidezaunbau.

Als von Menschen geschaffene Wuchsform kann sich die Kopfweide nicht selber erhalten und bedarf einer regelmäßigen Pflege, bei der der Baum zunächst in einer Höhe von meist zwei bis vier Metern geköpft wird. An der Schnittstelle treibt der Baum dann vieltriebig neu aus. Wiederholte winterliche Rückschnitte führen zur Kopfform. Je nach Nutzung des Aufwuchses erfolgt solch ein Rückschnitt alle drei bis zehn Jahre, bei Nutzung als Flechtmaterial sogar jährlich. Die Schnitte müssen glatt durchgeführt werden, dicht am „Kopf“, sodass kleine Stummel stehen bleiben, die im nächsten Jahr neu austreiben.

Nur selten noch sieht man heute gut gepflegte Kopfweiden. Besonders die alten Exemplare sind Lebensraum für eine Vielzahl an Vogel-, Tier- und Pilzarten.

Heike Sichting

Nachtschwärmer

Tel Aviv

Auf den Dünen hinter der arabischen Hafenstadt Jaffa ankern sie, die gebauten Dampfer im Wüstensand. Hell erleuchtet liegt der halbrunde Schiffsbug an einer dunklen Straßenkreuzung und verspricht „The best Burger“ in der Nacht.

Seit 2003 ist die „Weiße Stadt von Tel Aviv – Bewegung der Moderne“ zum UNESCO- Welterbe erklärt. Fasziniert erkundeten wir 2019 das Ensemble von über 4.000 Wohnhäusern im Internationalen Stil, zumeist renovierungsbedürftig und nachlässig behandelt, zunehmend jedoch geschätzt und restauriert.

Als schönes Beispiel gilt das 1934 von dem Architekten Salomon Liaskowski geplante Polishuk-Haus, ein Bürogebäude, das jahrzehntelang leer stand. Es wurde von der Architektin Metzger-Nitza Szmuk renoviert und von Designer Karim Rashid in das einzigartige Hotel Poli House verwandelt.

Matthias Helm

Das Tor zur „Magnificent Mile“

Chicago, 2004

Durch die aktuellen Reisebeschränkungen ist das Sichten alter Dias eine Möglichkeit der „Zeitreise“, um Erinnerungen vergangener Urlaube lebendig zu halten.

Chicago Tribune Tower von 1925 (rechts) und Wrigley Building von 1920 (links) bilden auf der Michigan Avenue das Tor zur „Magnificent Mile“ – wie die lebendige Geschäftsstraße ab hier genannt wird. Ein Anblick, der sich auch bis heute wohl kaum verändert haben dürfte – in der sonst stän-dig wachsenden und sich überbietenden Stadt.

Johannes Berger

Farbpositivaufnahme auf Fuji Velvia, aus 9 Einzelbildern, Scan, C-Print; Original: 60 x 90

Stadt Vrbnik

Insel Krk, Kroatien, 07.2019

Schon in vorgeschichtlicher und römischer Zeit war der Ort besiedelt. Im Jahr 1100 wurde Vrbnik erstmals urkundlich erwähnt und erhielt 1388 ein Statut, dessen in glagolitischer Schrift verfasste Abschrift erhalten ist. Die Stadt wurde Bollwerk der Fürsten von Krk, die in Vrbnik viele steinerne Spuren hinterlassen haben.

Aufgrund der Nutzung der glagolitischen Schrift und altkirchen-slawischen Sprache, der Pflege des Schrifttums und der Literatur kann man Vrbnik als Hochburg der „Glagolismus“-Bewegung bezeichnen, die den slawischen Widerstand gegen die von Byzanz und Rom kontrollierte Geistlichkeit organisierte.

Igor Faško

Blick(-dicht) in Richtung Norden

Kuhstraße in Braunschweig

Städte faszinieren mich: ihre Entstehung, Entwicklung und die darauf basierenden Stadtgrundrisse. Straßennamen, vor allem in den ältesten Stadtteilen, erzählen Stadt- und Wirtschaftsgeschichte. So auch die „Kuhstraße“, die nördlich in die „Karrenführerstraße“ und „Ölschlägern“ mündet.

Vermutlich standen dort, wo sich heute die Kaufhausfassade großflächig kleingemustert breit macht, spätestens bis April 1945 Fachwerkbauten und ein Stück Him-mel war zu sehen. Zuerst dachte ich, hier hat der Architekt „Andreaskreuze“ als Referenz an die Fachwerkstadt abstrahiert. Aber es sind die „Hortenkacheln“, die das ausschließlich funktionale Konzept des in den Siebzigern erbauten „Konsumtempels“ verkleiden und die städtebauliche Konfrontation ignorieren. Dann liest man die HORTEN-Geschichte ab 1933 und STOLPERT über STEINE, nicht nur in der Kuhstraße. Das alles gehört zum Stadterkunden.

Damals im Oktober 2010, als das Foto entstand, war ich aus der Oberlausitz angereist und einfach nur glücklich gespannt. HUGO, mein erster Enkel, sollte geboren werden, ließ aber 10 Tage auf sich warten und mir Zeit, diese Multikulti-Stadt, menschlich und baulich, kennen zu lernen.

Kerstin Richter

Gefährlicher Haushüter

Regensburger Dom

Das Foto ist am Regensburger Dom entstanden. Beeindruckt hatte mich die Ausgestaltung eines Wasserspeiers in Form eines fabelähnlichen Tiers/Dämons – geradezu frech und witzig zugleich.

Rainer Lißner