Die Bundesarchitektenkammer (BAK) erkennt an, dass der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD einzelne positive Entwicklungen für den Planungs- und Bausektor aufgreift. Gleichwohl wird das enorme Transformationspotenzial der planenden Berufe nicht umfassend genutzt. Der Koalitionsvertrag benennt Klimaziele, lässt aber zentrale Werkzeuge zur Umsetzung vermissen. Ohne Lebenszyklusansatz, rechtssichere Rückbaupflichten und eine verbindliche Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe könnte die Bauwende zum Stückwerk werden.
Positiv hebt die BAK hervor:
- Erhalt des Bundesbauministeriums: Ein starkes Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen bleibt bestehen – ein wichtiges Signal für eine koordinierte Baupolitik.
- Reform der Vergabe- und Planungsverfahren: Die geplante Entbürokratisierung, Digitalisierung und Schwellenwerterhöhung für Direktvergaben unterstützten die mittelstandsfreundliche und qualitätsorientierte Vergabe.
- Gebäudetyp E und Normenprüfung: Die Unterstützung für innovationsfreundliches Bauen und eine Entlastung bei Normvorgaben sind ein Schritt in Richtung praxisnaher Planungsprozesse.
- Anerkennung der Kammern und Entlastung kleiner Büros: Die Rolle der Kammern wird gestärkt; zugleich werden Mittelstand und Freie Berufe in bürokratischen Belangen spürbar entlastet.
- Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe: Die Prüfung einer Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung findet Eingang in den Koalitionsvertrag - ein Schritt in Richtung langjähriger BAK-Forderungen. Doch ohne klare Zeitplanung, strukturelle Verankerung und Finanzierungszusagen bleibt die Wirkung begrenzt. Die Klimakrise trifft Städte und Kommunen mit voller Wucht – ohne verbindliche Verantwortungsteilung droht ein Flickenteppich aus Einzelmaßnahmen.
Kritisch bewertet die BAK:
- Wohnungsbau-Turbo ohne Gemeinwohlorientierung: Die Einführung eines § 246e BauGB widerspricht dem Ziel gemeinwohlorientierter, integrierter Stadtentwicklung.
- Baukulturelle Aspekte fehlen: Gerade beim seriellen und modularen Bauen mangelt es an Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Einbindung unabhängiger Planender.
- Keine Klarheit bei HOAI und Honorierung: Der Abschluss der HOAI-Novelle fehlt.
- Rückabwicklung der GEG-Novelle ("Heizungsgesetz"): Die Rücknahme der verpflichtenden 65%-Regel für erneuerbare Heizsysteme ist ein schwerwiegender Rückschritt, denn damit wird eines der wenigen konkret wirksamen Klimaschutzinstrumente im Gebäudebereich infrage gestellt. Die Planungssicherheit für Bauherren und Planer wird untergraben. Immerhin bleibt die Heizungsförderung bestehen.
- CO₂ als Steuerungsgröße greift zu kurz: Die Ankündigung, CO₂-Vermeidung künftig stärker zu gewichten, ist grundsätzlich richtig. Sie bleibt aber folgenlos, solange keine konkreten Instrumente wie Emissionsgrenzwerte oder Lebenszyklusanalysen oder Anreize für einen geringeren Verbrauch benannt werden. Zudem darf CO₂ nicht alleinige Steuerungsgröße sein: Auch Energieeffizienz braucht verbindliche Anforderungen, transparente Nachweise und eine gezielte Förderlogik. Nur im Zusammenspiel entfalten diese Größen ihre klimapolitische Wirkung.
Fazit von Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer
„Die Herausforderungen des Klimawandels erfordern jetzt strukturelle, langfristig gedachte Lösungen. Dazu gehört zwingend eine Verankerung der Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz. Wer lebenswerte Städte und resiliente Infrastrukturen schaffen will, muss das Thema ernsthaft und dauerhaft absichern. Wir brauchen jetzt den politischen Willen, die dringend nötige Transformation im Bauwesen ganzheitlich anzugehen. Und wir setzen darauf, wichtige Weichenstellungen gemeinsam erarbeiten zu können. Planende Berufe sind keine Randfigur – sie müssen als Schlüsselakteure anerkannt und eingebunden werden.“
Kontakt:
CATHRIN URBANEK
Referatsleiterin Öffentlichkeitsarbeit
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